Sie leben unter uns!

screen-shot-2016-10-27-at-11-06-16

Originaltitel: Vivono tra noi, ursprünglich erschienen 1987, Italien
Autor: Tiziano Sclavi
Zeichner: Gustavo Trigo

Cover: Claudio Villa

Beobachtungen von Tobias O. Meißner

– S. 15. erstes Bild: Mr. Turner scheint ein Auto mit knautschbarem Lenkrad zu fahren…
– die obligatorische Meloneninvasion auf den S. 22 und 25.
– S. 39, viertes Bild: Dylan offenbart eine grundlos sadistische Ader gegenüber Groucho. Wobei: “grundlos” ist vielleicht nicht das richtige Wort, wenn man Grouchos Dauerfeuer dämlicher Gags bedenkt. Aber warum will Dylan ihn dann auch noch zu diesem Termin mitnehmen, anstatt froh zu sein, mal Ruhe zu haben?
– Das letzte Bild von S. 59 sieht alles andere als friedlich aus. Man vergleiche das mit den tatsächlich befriedeten Gesichtern, die von Professor van Helsing Gepfählte in den Hammer-Vampirfilmen haben. Das ist Sclavis (und Ferrandinos) Hinweis darauf, dass Frieden oftmals nur eine Hoffnung ist, ein Heischen, das ins Nichts tastet.
Bemerkenswert ist auch der Übergang vom offenen Mund auf S. 59 zum offenen Grab auf S. 60, in das etwas hineingeworfen wird wie Nahrung. Schon vorher ging es um Ernährung (allerdings durch nichts Festes).
– S. 61: Dylans Vorhaben, die Schuld seines alten Freundes Derek zu vertuschen, ist mehr als fragwürdig. Er scheint zu vergessen, dass die Opfer Dereks ebenfalls Angehörige haben, die ein Recht darauf haben zu erfahren, warum man ihre Angehörigen umgebracht hat und wer, und dass der Täter sich in Reue selbst gerichtet hat und diese Mordserie nun wenigstens vorbei ist. Dylan handelt hier egozentrisch, ungerecht und genau genommen illegal. Bloch könnte ihn zu einer Aussage zwingen, indem er ihn unter Eid als Zeugen vorlädt.
– Auf S. 65 verrät die colorierte Fassung bereits, wer hier die Treppe hochkommt. In Schwarzweiß fragt man sich: “Wer ist das Ungeheuer mit der haarigen Hand?”
– S. 73, vorletztes Bild: Das ist allerdings ein friedliches Gesicht. Und immer noch sinnlich. Das klappt wohl nur bei schönen Frauen und südländischen Zeichnern/Autoren.
– S. 75, letztes Bild: Was sitzt denn da rechts für eine Figur im Regal? Soll das ein kleiner Sherlock Holmes sein? Oder ist das eine italienische Comicfigur, die mir unbekannt ist?
– S. 80, mittleres Bild: Hier ist wieder so ein merkwürdiger Schnitt, mit dem Zeichner Gustavo Trigo ab und zu aufwartet: Von der Figur innen nach draußen auf eine vollkommen unspektakuläre Mauer. Als hätte man ihm beigebracht, möglichst oft die Perspektive zu wechseln, auch wenn es gar keinen Sinn ergibt.
– S. 82: Die Auflösung mit dem Spiegelbild wäre hübscher gewesen, wenn das entsprechende Bild auf S. 20 den Hinweis tatsächlich enthalten hätte, anstatt strategisch abgeschnitten zu sein. So fühlt man sich ein bisschen bemogelt, weil man als Leser keine Chance hatte, darauf zu kommen.
– Auf den Seiten um 86 herum wird Dylans fragwürdige Entscheidung, Bloch gegenüber die Aussage zu verweigern, im Nachhinein als richtig definiert. Das wirkt vom Skript her ein bisschen bemüht, aber man könnte natürlich argumentieren, dass Dylan hier einer Intuition gefolgt ist.
– S. 90: Das letzte Bild wirft Fragen auf. Ein mumifizierter Körper? Heißt das, dass die Leichen nicht mehr in der Themse veschwinden, sondern unentdeckt irgendwo vor sich hinrotten?
– S. 92: Eine sehr schöne Szene, die wieder einmal zeigt, was an “Dylan Dog” so außergewöhnlich ist: In keinem gängigen Horrorfilm würde an dieser Stelle der längst Begrabene anfangen zu philosopieren.
– Die Schlusspointe ist wunderbar grässlich, und wirft ganz nebenbei ein neues Bild auf Dylans Liebesleben.
Aber eines an dieser Geschichte habe ich überhaupt nicht verstanden: Weshalb war Dereks Assistentin Vera ebenfalls ein Vampir? Er kann sie nicht infiziert haben, denn er war ja keiner. Wie absurd ist der Zufall, dass ein Mann nicht nur mit einer Vampirin verheiratet ist, sondern auch noch eine zweite, davon unabhängige Vampirin als Assistentin und Affäre hat? Vera ist eine andere Art Vampir als Cindy, Carol und all die anderen, denn Vera verwandelt sich nicht in ein hässliches Scheusal, sondern bleibt attraktiv. Mir fehlt hier irgendwie der Zusammenhang/eine Erklärung, es wirkt stückwerkhaft, als wären Sclavi und Ferrandino sich hier mit ihren jeweiligen Ideen ein wenig ins Gehege gekommen bzw. hätten sie nicht unter einen Hut/eine Melone bekommen.